Kurzzeitblitztechnik mit dem Rollei PQS-Zentralverschluss-Teil 1

Kurzzeitblitztechnik mit dem Rollei PQS-Zentralverschluss (Seite 1)

Unter Kurzzeitblitztechnik verstehe ich das Arbeiten mit Blitzen, die durch die Einstellung auf einen manuellen Wert eine sehr kurze Leuchtzeit haben. Diese Leuchtzeiten liegen je nach Einstellung und Blitzgerät zwischen 1/10000s und einer 1/50000s.
Dadurch ist es möglich den Flügelschlag eines Vogels im Flug gestochen scharf abzubilden. Natürlich geht das auch mit den modernen Kameras ohne Blitz da hier teilweise 1/16000s Verschlusszeit eingestellt werden kann. Doch da fehlt dann meistens das Licht oder die ISO müssen sehr hoch eingestellt werden zu Lasten der Bildqualität.
Zu diesem Thema hat Hans Christian Steeg ein Buch geschrieben (Highspeed) in welchem er sehr ausführlich und mit großem Sachverstand das Thema Kurzzeitfotografie behandelt.
Ich möchte in diesem Beitrag meine eigene Vorgehensweise und Erfahrungen zum Besten geben.

Mein Equipment bei Flugaufnahmen von Vögeln mit Blitz und Lichtschranke ist seither die Verwendung von Canon Blitzgeräten und Spiegelreflexkameras EOS 50D, 7D und 7DMII. Seit geraumer Zeit setze ich die spiegellosen Kameras EOS RP, R5 und R7 ein. Bei allen Kameras spielt die Verzögerungszeit vom unterbrechen der Lichtschranke bis die Kamera auslöst, die größte Rolle. Doch es funktioniert relativ gut und es entstehen brauchbare Bilder. In einigen Beiträgen habe ich die Anwendung und Arbeitsweise beschrieben. Die Beiträge werden in einem neuen Tab geöffnet um diese Seite nicht zu verlassen (Beitrag 1, Beitrag 2, Beitrag 3, Beitrag 4).
Mit einem weinenden Auge schaute ich auf die Kollegen, die mit Zentralverschlussobjektiven in denen ein Rollei PQS-Verschluss eingebaut ist, arbeiten können. Dieser Verschluss ist der schnellste Zentralverschluss mit einer Blitzsynchronzeit von 1/1000 Sekunde. Er wird elektrisch ausgelöst und man braucht eine Steuerung dazu. Entsprechende Objektive mit diesem Verschluss gibt es noch auf dem Markt. Da es Mittelformatobjektive sind könnten sie mit einem Adapter fast an jede Kleinbild-Kamera adaptiert werden. Doch erstens ist der Preis für solch ein Objektiv sehr hoch und zum zweiten hat man zu diesem Objektiv keine elektronische Steuerung um sinnvoll damit zu arbeiten. Den Rollei PQS-Zentralverschluss gibt es auch ohne Objektiv und kann in ein Gehäuse eingebaut werden. Doch erstens ist der Markt leer und zweitens wird auch da eine elektronische Steuerung benötigt.
Das Fotografieren mit diesem PQS-Zentralverschluss hat den Vorteil dass die Verzögerungszeit vom Durchfliegen der Lichtschranke bis zur Auslösung des Verschlusses in einem Bereich liegt der sich in der Praxis kaum auswirkt und so den Vogel im Prinzip im Strahl der Lichtschranke fotografiert und nicht erst, bedingt durch die Verzögerungszeit der Kamera, einen halben Meter danach. Dadurch kann der Schärfepunkt, wenn der Vogel durch die Lichtschranke fliegt, sehr genau festgelegt werden.
Durch verschiedene Beiträge in meinen Seiten kam ein Kontakt mit einem Fotografen zustande, der auch mit der Kurzzeitblitzfotografie unterwegs ist und er bot mir einen Rollei PQS-Verschluss an. In der Zwischenzeit sind wir gut befreundet und es findet ein reger Ausstausch statt. Ich war natürlich voller Hoffnung nun die Möglichkeit zu haben diesen Verschluss an meinen Kameras einzusetzen.
Es dauerte denoch eine längere Zeit bis ich dieses Thema wieder bearbeitete. Es kam dazu, dass ich mit Herrn Gierlich von Eltima Electronic einen guten Kontakt habe und er bei mir im Ort wohnt. Immer wieder sprechen wir Themen mit der Kurzzeitblitztechnik an. Die Lichtschranken die ich einsetze sind von Eltima Electronic und meiner Meinung nach die idealsten und besten für diese Art der Fotografie. Herr Gierlich interessierte sich natürlich für den PQS-Verschluss und machte sich Gedanken wie eine Steuerung für den Verschluss aussehen könnte. In der Zwischenzeit ließ ich ein Gehäuse für den PQS-Verschluss mittels 3D-Druck anfertigen. Am Verschluss wurden alle nicht relevanten Teile demontiert, so dass am Schluss nur noch der Zentralverschluss selbst mit den Magneten und die Anschlusskabel vorhanden waren. Ziel war, dass ich den PQS-Verschluss sowohl vor dem Objektiv als auch an der Kamera direkt anbringen konnte. Das erreichte ich indem ich auf der einen Seite des Gehäuses ein Canon RF Bajonett und auf der anderen Seite einen Filter-Adapterring mit 58 mm anbrachte. Dadurch kann ich das Gehäuse vor mein 100 mm Makro schrauben. Auf der anderen Seite kann ich mit Objektiven von Mittelformatkameras experimentieren da das Auflagemaß der R-Kameras bei 20 mm liegt und das Gehäuse des Verschlusses 34 mm beträgt. Mittelformatobjektive haben zwischen 74-111 mm Auflagemaß und können so vor den Verschluss adaptiert werden. Wie ich den Anbau eines Mamyia Mittelformatobjektiv dann durchgeführt habe und wie sich die Objektive auf die Vignetierung in den Ecken auswirken ist in einem weiteren Beitrag zu lesen.

 

Die Steuerung für den PQS-Verschluss war der springende Punkt mit dem mein Projekt steht und fällt. Die Steuerung musste so ausgelegt sein, dass folgende Funktionen möglich waren.

  • PQS-Verschluss sollte manuell über einen Schalter geöffnet und geschlossen werden können um bei offenem PQS-Verschluss Ausschnitt und Schärfe einzustellen.
  • PQS-Verschluss nach den Einstellarbeiten auf Automatik umschalten
  • in der Automatikfunktion muss die digitale Kamera eine bestimmte Zeit geöffnet sein und sollte nach einer Auslösung des PQS-Verschlusses sofort wieder für die nächste Aufnahme bereit sein.
  • Lichtschrankenanschluß welche den PQS-Verschluss auslöst
  • Blitzzündung im richtigen Moment bei voll geöffnetem PQS-Verschluss

Alle diese Punkte konnte Herr Gierlich von Eltima Electronic umsetzen und eine kompakte Platine herstellen die alle diese Funktionen erfüllt.

 

 

 

 

 

Die Arbeitsweise ist nun wie folgt:
Über einen Schalter am Steuergerät wird der PQS-Verschluss geöffnet um Einstellungen mit der Kamera vorzunehmen (Ausschnitt und Schärfe). Danach wird der PQS-Verschluss geschlossen und ein zweiter Schalter schaltet die Automatikfunktion ein. In dieser Funktion öffnet sich der Verschluss der digitalen Kamera. (Einstellung auf „B“). Auf der Platine ist einstellbar wie lange der Verschluss in Stellung „B“ geöffnet bleibt, 20 oder 30 Sekunden. Erfolgt innerhalb der 20 Sekunden der Durchflug eines Vogels durch die Lichtschranke, löst der PQS-Verschluss aus, der Blitz zündet im richtigen Moment und belichtet den Sensor. Danach schließt der Verschluss der Kamera und öffnet sofort wieder um für die nächste Auslösung bereit zu sein. Erfolgt innerhalb der 20 oder 30 Sekunden kein Durchflug in der Lichtschranke, schließt sich der Verschluss der digitalen Kamera und öffnet sich danach sofort. Der PQS-Verschluss bleibt in Wartestellung. Erfolgen innerhalb der 20 oder 30 Sekunden mehrere Durchflüge gibt es keine Doppelbelichtungen, da der Kameraverschluss der digitalen Kamera nach einem Durchflug sofort schließt und danach wieder bereit gestellt wird. Natürlich kann der PQS-Verschluss statt mit der Lichtschranke auch manuell über einen Kabel- oder Funkauslöser ausgelöst werden.
Die Platine baute ich in ein Gehäuse ein und legte die Schalter und die 2,5 mm Klinkenbuchsen für Kamera, Blitz und Lichtschranke nach außen. Das gleiche mit den Schaltern für manuellen und automatischen Betrieb. Eine LED wechselt die Farbe. rot=Manueller und grün=Automatikbetrieb. Ein Stecker für den PQS-Verschluss, sowie ein Anschluss an die Stromversorgung von 9,6 Volt wurden ebenfalls nach außen gelegt. Es funktioniert alles tatellos.

 

 

 

Schon die ersten Bilder die ich machte zeigten mir den Vorteil des Zentralverschlusses. Die Vögel, welche durch die Lichtschranke fliegen befinden sich bei der Auslösung des Verschlusses noch im Bereich des Lichtschrankenstrahls.Dadurch ist es möglich die Lichtschranke nur wenige Zentimeter vor einen Abflugpunkt zu plazieren und den Vogel beim Abflug so zu fotografieren dass er die Füße noch am Sitzast hat oder kurz danach. Das war seither durch die Verzögerungszeiten der Kameras nicht möglich. Da waren die Vögel schon 40-50 cm vom Abflugast entfernt.
In einer weiteren Seite gehe ich näher auf die Bauteile ein, sowie die ersten Bilder mit diesem Equipment.

Für mich hat jetzt in der Kurzzeitblitzfotografie eine neue Ära begonnen und ich hoffe dass ich die Ergebnisse erziele die mir vorschweben.

Kurzzeitblitztechnik mit dem Rollei PQS-Zentralverschluss (Teil 2)